Im ostasiatischen Buddhismus
werden neben dem historischen
Buddha Shâkyamuni weitere
Buddhas und Gottheiten verehrt.
Eine besondere Bedeutung kommt
dabei Bodhisattvas zu,
Heilsgestalten,
„deren Wesen Erleuchtung ist“. Ein Bodhisattva (jap. bosatsu) steht in der religiösen
Hierarchie auf der Vorstufe zur Buddhawerdung,
dem endgültigen Ziel eines jeden Gläubigen.
Aus Mitgefühl mit der leidenden Kreatur verzichten
Bodhisattvas auf diesen letzten Schritt, um den
Menschen in vielfältigen Nöten beizustehen.
Der Bodhisattva Jizō ist eine der populärsten
Gestalten des buddhistischen Pantheon in Japan.
Keine andere Figur ist in der japanischen Volksseele
so verwurzelt. Der kleine, kahlköpfige Wandermönch
mit dem Rasselstab galt schon immer als Helfer
und Seelentröster. Besonders in der kalten
Leistungsgesellschaft von heute dient der Jizō als
Projektionsfigur für Barmherzigkeit und Geborgenheit.
Wo findet man Jizō?
Ob als Tempelstatue am Wegesrand oder als
Spardose, ob als Plüschheiliger,
Werbecomic oder gar als Phallus-Symbol, - der Jizō ist überall.
Mehr als unser Schokoladen-Nikolaus und alle christlichen
Fürbittheiligen zusammen vereint er Hoffnungen und
Wünsche der Kinder und
Erwachsenen in sich.
Märchen beschäftigen sich
genauso mit ihm wie alte und
moderne Kunstwerke.
Seine Kommerzialisierung treibt seltsame Blüten.
Es gibt kaum einen Tempel, gleich welcher
Denomination, in dem nicht wenigstens eine
Statue des Jizō zu finden ist. Sein Aktionsradius jedoch weitet und wandelt sich
mit den Veränderungen des modernen Lebens.
Dabei sind Comics und Nippesfiguren nie
verlogener Kitsch. In ihrem Kern ehrlich können
sie für den Einzelnen das
Gleiche bedeuten wie seine
Erscheinungsformen nach
ikonographischen Vorgaben auf
sakraler Ebene und die
traditionellen oder modernen
künstlerischen bzw. kunsthandwerklichen Darstellungen.
Was bedeutet Jizō?
Der japanische Name Jizō ist eine wörtliche
Übertragung des ursprünglichen Sanskrit Namens
Ksitigarbha und bedeutet:
„Der die Erde zum Mutterschoß hat“. Vedischen Ursprungs gelangte
die Figur des Jizō bereits im
6. Jh. von Indien auf dem Weg
über Zentralasien, China und
Korea nach Japan. Erst hier entwickelte er sich im
Laufe der Zeit zu einer
allgemein verehrten
Volksgottheit.
Der Jizō wird u.a. geschätzt
als Seelenbegleiter zwischen
den sechs Weltebenen, als
Beschützer der Reisenden
und ganz besonders als
Schutzgottheit für die Kinder,
sei es im Diesseits oder im Jenseits.
Der Jizō ist kein nach seinem
Tode heiliggesprochener
Mensch, sondern eher als
Verkörperung einer
philosophischen Idee zu
sehen. Wenn wir ihn
dennoch als „Heiligen“
bezeichnen, geschieht das,
um die Allround-Heilsgestalt dem von einem christlichen Umfeld geprägten
Betrachter näher zu bringen. Was die Menschen
in Japan, die sich
an ihn wenden, von
Jizō erbitten und
erhoffen, das ist
nichts anderes als
das, was von
christlichen Heiligen
erwartet wird: Hilfe zu vermitteln oder zu gewähren bei alledem,
was Menschen aus eigener Kraft nicht zu schaffen
vermögen.